Eigentlich liefere ich ja nur die Fotos zu diesem Blog, den hauptsächlich Sarah schreibt. Aber heute klemm ich mich auch mal hinter die Tasten. Mir ist grad danach, reisenden Eltern ein paar Worte auf den Weg mitzugeben. Oder besser gesagt vor dem Weg 🙂
Wenn euch dieses Abenteuer noch bevorsteht oder ihr nur drüber nachdenkt, irgendwann mal vielleicht eventuell unter Umständen eine längere Reise mit Kind(ern) anzugehen, dann gehen euch vermutlich ein paar Fragen durch den Kopf. Vielleicht auch Vorstellungen oder Erwartungen wie das werden könnte. Möglicherweise sogar Ängste.
Ein Paar davon kann ich euch hier hoffentlich nehmen. Ein paar Neue kommen vielleicht dazu. Alles in Allem möchte ich nach ca 1/2 unserer Weltreise mit Kind eine Art Zwischenresumee ziehen und das was wir erlebt haben mit dem abgleichen, was wir erwartet, erhofft oder befürchtet haben.
Es ist nicht das selbe. Und irgendwie doch.
Eines ist klar denke ich – Reisen mit Kind ist anders, als reisen allein oder zu zweit. Und doch auch nicht. Aber das kennt ihr ja schon. Ihr seid immerhin Eltern geworden. Das ganze Leben ist seither völlig anders. Und doch auch nicht. Und genau so ist das auch mit dem Reisen. Völlig anders. Und doch auch nicht. Aber hauptsächlich völlig anders.
Einerseits ist man mit Kind auf Reisen überall erheblich langsamer. An manchen weniger Punkten aber auch erheblich schneller. 9 von 10 Fluglinien holen einen beim Boarding zum Beispiel zu allererst ins Flugzeug und man darf in aller Ruhe das Flugzeug besteigen, bevor das die anderen machen. Kein Luxus aber es erleichtert die Sache ungemein. Dabei ist einem dann auch ziemlich egal, dass die das nicht machen um uns einen Gefallen zu tun, sondern damit wir den anderen Fluggästen nicht zu sehr auf die Nerven gehen.
Alles andere geht meist erheblich langsamer. Man wandert langsamer, man geht langsamer durch Städte, alles dauert in etwa 5 mal so lang wie allein. Das einfachste und klarste was ich dazu sagen kann – nur nicht dagegen ankämpfen. Wer sich viel vornimmt und schneller sein möchte, wird viel Stress erleben. Unnötig. 3 Gänge runterschalten, alles etwas langsamer angehn. Hat was meditatives und alles macht mehr Spaß.
Fliegen mit Kindern
Was fliegen mit Kids betrifft weiß ich nicht, ob wir irgendwas besonders richtig machen, oder mit Camillo einfach unheimliches Glück haben. Wir bereiten ihn zwar lang drauf vor und erzählen ihm schon lang vorher vom fliegen, aber manchmal hab ich das Gefühl, das wäre garnicht mehr nötig. Er liebt fliegen und ist unglaublich entspannt dabei. Meist schaut er beim Start aus dem Fenster, erzählt ganz aufgewühlt, dass wir jetzt in der Luft sind und kippt unmittelbar danach in eine total angenehme Ruhe. Entweder spielt er dann (er darf bei Flügen bzw auf Reisen mit einem alten iPhone ein paar Spiele spielen, Musik hören oder Fotos und Videos schauen) oder er schläft einfach eine Runde.
Vermutlich unnötig zu erwähnen, aber bei Langstreckenflügen versucht unbedingt einen Nachtflug zu bekommen. Das kann über Tränen oder Freude entscheiden. Ein eigener Kopfhörer ist auch kein Fehler, hat uns schon sehr gute Dienste erwiesen bei langen Reisen, ob im Bus, Zug, Auto oder Flugzeug.
Macht euch vor der Abreise ein “Ziel” aus
Ich glaube ja eigentlich, dass Kindern relativ wurscht ist wo sie grad sind. Wenn sie Mama und Papa den ganzen Tag für sich haben, dann ist Zuhause genau dort, wo die beiden sind. Aber man weiß ja nie so genau. Wenn ihr nicht sicher seid, ob euer Nachwuchs einfach so eine lange Reise ohne Heimweh oder generell dem Bedürfnis nach Hause zu fliegen übersteht (sollte das nämlich passieren ist sicherlich Schluss mit Lustig) dann setzt euch ein gemeinsames Ziel. Ein Ziel kann ein Ort sein oder auch ein Ereignis, oder eine Suche rund um die Welt nach etwas bestimmten.
Wir waren zum Beispiel recht angetan von der Idee von Tina und Gerald, die mit ihrem damals ebenfalls 3,5 Jährigen Sohn ausgemacht haben, sie suchen nach dem besten Erdbeereis der Welt. Ein Plan der absolut aufgegangen ist.
Wir waren auch nicht 100% sicher wie das laufen wird, also haben wir schon gut 2 Monate vor Abreise (also eigentlich ab dem Tag an dem wir beschlossen haben zu fliegen) mit ihm viel über die Reise geredet. Wir haben ihm auf dem Globus gezeigt, wo wir überall hinfliegen werden, ihm erzählt wo die Kangoroos wohnen, wo die Pinguine und Delphine sind usw. Und wir haben gegen Ende der Reise einen kurzen Besuch in Disneyworld Orlando eingeplant, damit wir Micky Mouse und Donald Duck besuchen können (und Minnie Mouse, wie unser aufmerksamer Sohn nicht müde wird zu ergänzen!).
Einfach zur Sicherheit. Sollte doch noch der Moment kommen, an dem ihn Heimweh plagt, können wir dieses Ass immer noch aus dem Ärmel holen und ihm sagen, wir müssen noch Micky und Co. besuchen, dann gehts nach Hause.
Aber wir haben in dieser Hinsicht ebenfalls Glück. Erst heute hat mir Camillo ausführlich erklärt, dass er natürlich seine Freunde daheim vermisst, aber die sieht er eh bald wieder und die Weltreise ist sooooo cool. Wegen den Pinguinen. Und er will noch Robben sehn und Delphine und Wale und überhaupt so vieles … Und dann erzählt er das daheim alles seinen Freunden.
Buggy oder nicht Buggy
Ein Thema bei dem wir uns lange Zeit nicht sicher waren vor dem Abflug – Soll dieser zusammenklappbare Buggy mit, oder nicht? Wir haben uns vorgenommen, so leicht wie möglich zu reisen. Was ohnehin schwierig war, weil meine Fotoausrüstung mitgekommen ist. Immerhin ist das ja nicht einfach Urlaub, sondern auch ein “Shootcamp Adventure” und es wird auch gearbeitet unterwegs.
Meine Ausrüstung war also ein Rucksack – mein Handgepäck. Dazu Sarahs Rucksack – zweites Handgepäck. Und dann wollten wir nur noch einen großen Trolley mitnehmen, sonst nichts. Ein faltbarer Buggy klingt da wie ein sperriges, irre nerviges Anhängsel. Und er ist ja immerhin 3,5 Jahre alt und geht brav und viel. Ist doch kein Problem wenn der Buggy daheim bleibt.
Wir haben uns dann entschieden, den superbilligen Buggy einfach einzupacken und im Notfall, wenn er uns wirklich das Leben zur Hölle machen sollte und wir ihn nie brauchen, unterwegs jemandem zu schenken der ihn brauchen kann. Bisher haben wir ihn aber keine Sekunde bereut.
Zur Zeit ist er sinnlos, wir sind in Neuseeland unterwegs, fahren fast täglich ca 2 Stunden mit dem Campingbus, die Zeit die wir nicht fahren verbringen wir draussen und schaun uns die Gegend in der wir sind an. Aber in den Städten, Kuala Lumpur, Singapur und Sydney war er absolut Gold wert. Und auch auf Penang und in Georgetown haben wir ihn keine Sekunde bereut. Wenn der Kleine mal müde wird, setzt er sich rein und wir sind trotzdem Mobil, kommen schnell voran und das schont auch die Nerven ungemein. Außerdem kann man auf so einen Buggy auch allerhand Zeugs hängen, also weniger schleppen.
Kurz, wenn ihr nicht sicher seid, ob ihr einen mitnehmen wollt – nehmt einen mit! 😉
Kinder sind die wahren Abenteurer
Unterschätzt die Kleinen nur ja nicht. (Nicht, dass ihr das machen würdet, ich sags hier trotzdem extra dazu ;)) Wir haben zum Beispiel nur aus einem einzigen Grund Pinguine in Neuseeland gesehen. Weil Camillo um 22:00 in der Nacht vor uns gestanden ist und uns erklärt hat, er will jetzt die Jacken holen, die Taschenlampe und wir müssen Pinguine suchen (er hat mitbekommen, dass wir tagsüber darüber geredet haben, dass man die nur Nachts antreffen kann) weil er unbedingt wissen möchte, “was für Füße die haben”. Es war eiskalt, windig und immer wieder regnerisch. Ich gebs zu, wir wären wohl einfach im warmen geblieben. Aber er hat nicht locker gelassen. Also sind wir gegangen. Und haben Pinguine gesehn.
Phasen sind Phasen, egal wo auf der Welt (!)
Als Eltern, die ihr seid, (warum sonst solltet ihr diesen Artikel wohl lesen) muss ich euch nicht sagen, was Entwicklungssprünge sind, was Phasen sind und dass es nur 2 Arten von Phasen gibt;
- Kurze, heftige Phasen
- Lange, heftige Phasen
Macht euch keine Illusionen, es ist einem Kind und seinen Entwicklungsschüben völlig egal wo auf der Welt ihr grad seid, es wird sich daran Nichts ändern. Wenn der nächste Sprung ansteht, dann steht er an. Lebt damit. Wie ihr das daheim auch tut 😉
Alles wird gut
Zugegeben, als die Abreise näher gerückt ist, gab es schon kurze Momente wo wir uns dachten “ok, wir haben ja eigentlich keine Ahnung was da auf uns zukommt”. Wir reisen beide gern und immer schon. Ich war allein im letzten Jahr beruflich ständig im Flugzeug. Und wir sind auch mit Camillo schon gereist. Städtetrips nach London, kurzer Urlaub in Sri Lanka, alles kein Thema. Aber 3,5 Monate rund um die Welt ist genaugenommen ein relativ straffes Programm. Da waren wir schon auch unsicher, ob das gut laufen wird.
Heute, nach ca. 1/2 der Reise seh ich das genau umgekehrt. Straff ist gut, Kinder haben eine ganz andere Taktung als wir langsamen, langweiligen Erwachsenen wie wir wissen. Also wird ihnen nicht so schnell langweilig = gut für die gesamte Stimmung.
Ich denke diese Reise anzutreten war die beste Idee die wir haben konnten. Es ist so unheimlich schön zu sehen, wie er das alles was er da sieht aufsaugt und echt Spaß dran hat. Keine Frage, er wird sich kaum etwas davon langfristig merken, dafür ist er mit 3,5 Jahren einfach noch zu Jung. Einiges wird schon hängen bleiben oder später wieder hochkommen, aber ich bin überzeugt davon, diese Reise wird ihn prägen. 3,5 Monate sind in Relation zu seiner Lebenszeit in etwa so, als wären wir 5 Jahre unterwegs. Es wird ihn prägen und es wird eine gute Prägung sein. Wir bemerken jetzt schon, wie er aufgeschlossener wird. Anderen Menschen gegenüber, anderem Essen gegenüber, einfach Allem und Jedem gegenüber. Und das kann für die weitere Entwicklung nur von Vorteil sein.
Nicht zuletzt tut so eine Reise uns Allen gut. Als Familie genauso wie jedem Einzelnen. Wir merken, wie uns jeder Tag den wir unterwegs sind noch mehr Lust drauf macht, noch mehr von der Welt zu sehen. Es gibt auch den tragischen Teil, das Bewußtsein, das noch stärker wird, wie sehr wir diesen Planeten alle zusammen ruinieren. Wenn man in einem Gebiet das sich Nationalpark nennt, in jede Himmelsrichtung endlos viel Plastikmüll liegen sieht, kommt einem das Fürchten davor, was mit diesem Planeten wohl passieren wird, während unser Sohn aufwächst. Umso wichtiger ist es vielleicht, unseren Kindern den Planeten zu zeigen auf dem sie leben. Ob unterwegs, mit Büchern, Filmen oder Geschichten. Vielleicht schaffen wir es ja so, der nächsten Generation klar zu machen, dass wir so nicht weitermachen können.
Wobei ich ja glaube, dass ihnen das durchaus klar ist. Unsere eigene Generation ist eher das Problem. Aber das ist eine andere Geschichte.
Der langen Rede kurzer Sinn – Reisen ist immer eine gute Idee, Reisen verändert die Perspektive auf Alles, bildet, formt, läßt einen aus dem Alltag und aus Gewohnheiten aussteigen. Aus den Guten wie aus den Schlechten. Es gibt einem Gelegenheit um Perspektiven zu wechseln und alles Mögliche neu zu sortieren. Und reisen mit Kind ist genau das selbe, nur dass man dabei auch noch die Gelegenheit bekommt, seinem Nachwuchs dabei zuzusehen, wie er die Welt entdeckt. Mit großen, staunenden Augen. Und jeden Tag den ganzen Tag mit ihm zu verbringen. Besser wirds nicht.
Also, kurz und bündig – egal ob zu Fuss im nächsten Wald, mit dem Fahrrad, mit dem Auto daheim oder um die halbe oder ganze Welt, packt einfach euren Nachwuchs und die Koffer 😉
Achja, P.S.: Die Reisapotheke!
Man merkt, das ist ein Papa-Artikel. Die Reiseapotheke und medizinische Vorbereitung ist hier etwas zu kurz gekommen. Darauf wurde ich inzwischen von Müttern dezent hingewiesen 😉 Also die kurze, väterliche Antwort: Ich hab für uns alle eine komplette Reiseversicherung abgeschlossen die für sämtliche medizinischen Belange aufkommen würde, inklusive Heimtransport, Intensivstationen (wenn du in Amerika eine Woche auf der Intensivstation liegst bist du bis ans Ende deines Lebens verschuldet), Arztbesuche, Medikamente usw. (Ja, damit war die Sache für mich großteils erledigt. Männer halt 😉 Der Einzige, der bisher Gebraucht von der Versicherung machen mußte, bin ich übirgens selbst. (Hab mir am ersten Tag (!) in Kuala Lumpur wohl einen Viralen und Bakteriellen Infekt mit einer Klimaanlage eingefangen und ganze 6 Wochen und massive Antibiotika gebraucht, um den loszuwerden. Mitleid in den Kommentaren erbeten!)
Impfungen haben wir im Vorfeld mit der Kinderärztin geklärt. Im Grund genommen die Standards die bei uns daheim auch üblich sind. Hepatitis A und B waren wichtig. Die Reiseapotheke liefere ich gerne nach (hat Sarah gebaut, ich hab wenig Ahnung was da wirklich drin ist. Aber soweit ich sagen kann auch die Standards. Was gegen Bauchzwicken, Hansaplast und Bepanthen, das einzige, das wir bisher gebraucht haben (und das war auch eher Placebo ;))
Wooow! Das ist sooooooooo geil! Ich freu mich schon sehr auf euch drei in Orlando! Ich denke fast jeden Tag an euch (natürlich auch an Ben & seinen Stall!) und gerade jetzt wieder, beim lesen des Artikels, hab ich mich so an meine Kinder erinnert, was ich ihnen zeigen wollte, beibringen wollte von der Welt. Ihr habt das super gut gemacht und eigentlich muss ich jetzt fast ein bisserl weinen! Na ja, das Alter wahrscheinlich. Rührselig und so. Also – wir sehen uns in Florida… und ja, ein bisserl freue ich mich auch schon auf Minimaus. Aber mehr auf Daytona! Bussi. Und eine dickes Erdbeereis an Mr.C.!
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